Günther Anders-Preis
für kritisches Denken
Der Günther Anders-Preis für kritisches Denken wird seit 2018 alle zwei Jahre für herausragende Leistungen im Bereich philosophischer, kulturwissenschaftlicher und politischer Essayistik vergeben.
Über die Vergabe des Preises entscheidet eine dreiköpfige Jury.
Mitglieder der Jury 2018-2020:
Mathias Greffrath, Journalist, Publizist und Mitglied des PEN-Zentrums.
Thomas Macho, Professor für Kulturgeschichte, HU Berlin, und Leiter des IFK Wien.
Elisabeth von Thadden, DIE ZEIT (verantwortliche Redakteurin im Ressort Feuilleton).
Mitglieder der Jury 2022:
Mathias Greffrath, Journalist, Publizist und Mitglied des PEN-Zentrums.
Thomas Macho, Professor für Kulturgeschichte, HU Berlin, und Leiter des IFK Wien.
Petra Gehring, Professorin für Philosophie, TU Darmstadt.
Mitglieder der Jury 2024:
Martin Bauer, Philosoph.
Petra Gehring, Professorin für Philosophie, TU Darmstadt.
Stephan Lessenich, Direktor des Frankfurter Instituts für Sozialforschung und Professor für Gesellschaftstheorie und Sozialforschung an der Goethe-Universität Frankfurt a. M.
In Erinnerung an den Philosophen, Kulturkritiker und Zeitdiagnostiker Günther Anders werden vorrangig deutschsprachige Autorinnen und Autoren und deren Werke ausgezeichnet, welche sich – in aufklärerischer Tradition – mit den Lebensbedingungen unserer gegenwärtigen Welt befassen, insbesondere mit den kulturellen, ökonomischen und technisch-medialen Umwälzungen der Zeit.
Prämiert wird innovatives und originelles Denken, das mit besonderer ästhetischer Qualität einhergeht, insbesondere mit der Fähigkeit zur sprachlich klaren Vermittlung komplexer Gedanken. Es können das Gesamtwerk einer Autorin/eines Autors oder einzelne aktuelle Werke (deren Erscheinungsdatum nicht mehr als zwei Jahre zurückliegen soll) ausgezeichnet werden.
Der Preis wird von der Internationalen Günther Anders-Gesellschaft im zweijährigen Turnus abwechselnd in Wien, München und Berlin verliehen und ist mit 20.000 Euro dotiert. Finanzieller Träger des Preises ist die C.H.Beck Kulturstiftung von Wolfgang Beck in München.
Günther Anders-Preis 2024
für Guillaume Paoli
Der zum vierten Mal vergebene Günther Anders-Preis für kritisches Denken geht 2024 an Guillaume Paoli. Die Preisverleihung findet am 14. April ab 11 Uhr im MAK in Wien statt
Begrüßung: Christian Dries, Obmann der Anders-Gesellschaft/Vorsitzender der Preis-Jury
Laudatio: Karin Harrasser, Direktorin (interimistisch) des ifk, Wien
Dankesrede von Guillaume Paoli
Lesung aus Texten von Günther Anders durch Michael Maertens
Anschließend Gespräch zwischen dem Preisträger, Karin Harrasser und Stephan Lessenich
Die Matinee wird aufgezeichnet
Guillaume Paoli (geb. 1959) lebt als Schriftsteller in Berlin, wo er sich Ende der 1990er einen Namen als Theoretiker der »Glücklichen Arbeitslosen« machte und die Zeitschrift müßiggangster herausgab. Seit 2003 ist er als »Demotivationstrainer« selbständig. Von 2008 bis 2013 war er im Leipziger Centraltheater als »bundes- und vielleicht weltweit erster Hausphilosoph« eingestellt. Er leitete dort die »Prüfgesellschaft für Sinn und Zweck« und war als philosophischer Praktiker tätig. Von 2014 bis 2017 war er Gastgeber der Diskussionsreihe Im Zentrum des Übels im Roten Salon der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Das Buch Soziale Gelbsucht von 2019 reflektiert sein Engagement für die französische Gelbwestenbewegung.
Nach einstimmigem Urteil der Jury verdient die Sammlung funkelnder Notate, die Guillaume Paoli unter dem Titel Geist und Müll. Von Denkweisen in postnormalen Zeiten veröffentlich hat, den Günther Anders-Preis für kritisches Denken.
Soll die durch zweckrationale Naturbeherrschung in eine »Ruinenlandschaft« verwandelte Welt wieder bewohnbar werden, ist Paoli zufolge eine »Wissenschaft vom Management und der Beseitigung von Müll« unabdingbar. Sie sondiert, wovon sich die Menschheit im Namen kollektiver Interessen trennen muss, und hat zugleich zu klären, wie sich im Abschied von »überkommenen Institutionen und toxischen Verhältnissen« errungene Freiheitsspielräume bewahren lassen. Als eine solche Kunst der Scheidung ist diese neue »Rudologie des Geistes« Kritik im eminenten Sinne. Sie gipfelt in der Antinomie, »dass eine Revolution sowohl unmöglich als auch unabdingbar ist«.
Es ist dieses Paradoxon, das Paolis ebenso scharfsinnige wie flanierende Geistesgegenwart antreibt. Exemplarisch führt er im Geiste von Günther Anders vor, warum sich der Apokalypseblindheit einer Zivilisation am Abgrund nur konkrete Einzelfallanalyse gepaart mit einem Denken widersetzt, das »gegen angstbasierte Verwirrung« opponiert und für eine »Politik der emanzipatorischen Konservierung« eintritt. Ihm hat Guillaume Paoli eine Stimme verschafft, die mit Klarheit besticht, ohne auf Eleganz zu verzichten.
Günther Anders-Preis 2022
für Joseph Vogl
Der zum dritten Mal vergebene Günther Anders-Preis für kritisches Denken geht 2022 an den deutschen Philosophen, Literatur- und Kulturwissenschaftler Joseph Vogl. Die Preisverleihung fand am 8. Mai ab 11 Uhr in der Staatsbibliothek zu Berlin statt
Begrüßung: Achim Bonte, Generaldirektor der Staatsbibliothek zu Berlin und Christian Dries, stv. Obmann der Anders-Gesellschaft/Vorsitzender der Preis-Jury
Laudatio: Petra Gehring
Dankesrede von Joseph Vogl
Anschließend Gespräch zwischen dem Preisträger und Christian Dries
Die gesamte Matinee kann hier nachgesehen werden
Joseph Vogl (geb. 1957) ist Professor für Literatur- und Kulturwissenschaft / Medien an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Regular Visiting Professor an der Princeton University. In den letzten Jahren avancierte er zu einem Wortführer der Kritik am modernen und gegenwärtigen Finanzmarktkapitalismus. So rekonstruiert er in seinem jüngsten Werk Kapital und Ressentiment. Eine kurze Theorie der Gegenwart, wie im digitalen Zeitalter gigantische Internetkonzerne als neue unternehmerische Machtformationen unser vertrautes politisches Universum grundlegend verändern und immer massiver in die Entscheidungsprozesse von Regierungen, Gesellschaften und Volkswirtschaften eingreifen.
Die Jury zeichnet Vogl für sein wissenschaftliches und publizistisches Gesamtwerk, insbesondere für seine jüngeren Arbeiten zur Theorie der Gegenwart und des modernen Finanzkapitalismus aus. Sie würdigt damit einen Autor, dessen kritische Gegenwartsdiagnostik Brücken schlägt zwischen den Disziplinen, etwa zwischen Literaturwissenschaft und Wissensgeschichte, so schon in der Dissertation über Ort der Gewalt. Kafkas literarische Ethik (1990), aber auch zwischen Philosophie, Kultur- und Medienwissenschaft, vor allem jedoch zwischen Kulturkritik und Ökonomie. Der zuletzt genannten Thematik widmet sich Joseph Vogl seit 2002, erst in seinem Werk Kalkül und Leidenschaft. Poetik des ökonomischen Menschen, danach in drei Büchern zum Gespenst des Kapitals (2010), zum Souveränitätseffekt (2015) und jüngst zu Kapital und Ressentiment (2021). In seinen Schriften gelingt es Vogl, komplexe Analysen in essayistischer, darstellerisch ebenso anspruchsvoller wie erhellender Form vorzutragen. Dabei arbeitet er mit Verweisen und Kommentaren, die den Kanon philosophischer Theoriebildung souverän handhaben, wie auch mit Referenzen zur Literatur, beispielsweise zu Don DeLillos Cosmopolis.
Alle Fotos: Gezett
Günther Anders-Preis 2020
für Corine Pelluchon
Der zum zweiten Mal vergebene Günther Anders-Preis für kritisches Denken geht 2020 an die französische Philosophin Corine Pelluchon. Die Preisverleihung fand am 17. Februar 2020 im Literaturhaus München statt
Begrüßung: Christian Dries, stv. Obmann der Anders-Gesellschaft/Vorsitzender der Preis-Jury
Lesung aus Anders-Texten: Axel Milberg
Grußwort: Wolfgang Beck
Laudatio: Konrad Paul Liessmann
Dankesrede von Corine Pelluchon
Anschließend Gespräch zwischen der Preisträgerin und Christian Dries
Abschließende Lesung aus Anders-Texten: Axel Milberg
Corine Pelluchon (geb. 1967) ist Professorin für Philosophie an der Universität Paris-Est Marne-la-Vallée. Neben Leo Strauss, auf den sie in ihren Werken immer wieder Bezug nimmt, liegen ihre Schwerpunkte im Bereich der Moralphilosophie, der Politischen Philosophie und der angewandten Ethik (Bioethik, Umwelt- und Tierethik). Zu ihren bereits mehrfach ausgezeichneten Arbeiten gehören: Éléments pour une éthique de la vulnérabilité : les hommes, les animaux, la nature (2011) und Les Nourritures : philosophie du corps politique (2015). In einem so politischen wie philosophischen Manifest hat sie zuletzt ihre Kritik am gesellschaftlichen Umgang mit dem Lebendigen formuliert: Manifeste animaliste: politiser la cause animale (2017); es erscheint im Herbst 2020 bei C.H.Beck. In ihrem jüngsten Buch Éthique de la considération – auf Deutsch in diesem Jahr in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft unter dem Titel Ethik der Wertschätzung erschienen – entwirft Corine Pelluchon eine Tugendethik »für eine ungewisse Welt«.
Günther Anders-Preis 2018
für Dietmar Dath
Der Günther Anders-Preis für kritisches Denken wurde erstmals im Rahmen der Wiener Vorlesungen am 12. März 2018 um 19 Uhr im Großen Sendesaal des ORF-RadioKulturhauses in Wien verliehen – an den Schriftsteller, Journalisten, Musiker und Übersetzer Dietmar Dath
Begrüßung: Daniel Löcker, Wiener Vorlesungen
Einführung: Bernhard Fetz, Direktor des Literaturarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek und Vorsitzender der Preis-Jury
Laudatio: Mathias Greffrath
Dankesrede von Dietmar Dath
Anschließendes Gespräch »Zur Aktualität von Günther Anders« mit dem Philosophen Konrad Paul Liessmann, dem Preisträger Dietmar Dath und Mathias Greffrath. Moderation: Renata Schmidtkunz (kurzer Auszug bei Youtube)
Dietmar Dath (geb. 1970) war von 1998 bis 2000 Chefredakteur des Magazins für Popkultur SPEX und arbeitet seit 2001 mit kurzer Unterbrechung als Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er ist Autor mehrerer Romane, Essays, Theaterstücke, Hörspiele, Songs und Gedichte, u.a. Für immer in Honig (2005), Waffenwetter (2007), Die Abschaffung der Arten (2008) und Der Schnitt durch die Sonne (2017).